Deutsch-russischer Film "Flohmarktuhr"
frei nach Motiven der Kurznovelle «Die Küchenuhr» von Wolfgang Borchert
Es erscheint ein fast unmögliches Unterfangen einen klassischen Schulstoff, wie die Kurznovelle "Die Küchenuhr", neu zu verfilmen. Die Filmemacher des A+R-Filmteams haben es dennoch getan und die Grundelemente der Borchert-Novelle verfremdet und modernisiert. In ihrem Film scheint die Uhr aus dem Buch zu sprechen und die gefallenen Bomben nur noch als Blindgänger zu existieren.
Ein sexuell unausgelasteter Historiker und Kronkorkensammler (Udo Eck) trifft sich zu einem Blind Date mit einer allein erziehenden, selbstbewussten Frau (Cvetana Oberfrank) im Alwin Mittasch Park der BASF in Ludwigshafen am Rhein. Sie kommt im Park mit dem Kinderwagen, er entdeckt Kronkorken. Ein Parkbewohner (Bernhard Wadle-Rohe) in Flohmarktkleidung stört die ganze Romantik...
Auf dem Flohmarkt DANZIGER PLATZ ist es laut und man findet allerhand, wie zum Beispiel eine alte Küchenuhr. Dieser alte Gegenstand lädt den Finder ein, sich Geschichten von früher auszudenken. Hier ist der Finder der Parkbewohner, der seine Mitmenschen in seine Geschichte mit hinein zu ziehen versucht...
Russischer Perspektivenwechsel begegnet deutschem Einfallsreichtum. Möglich wurde diese gemeinsame Filmarbeit durch die Migrationsbewegungen der Post-UdSSR-Ära und das Zusammenschrumpfen des damaligen Feindbildes. So meint auch der Historiker im Film: "Wer die Vergangenheit nicht kennt, hat keine Zukunft."
Die Filmemacher stellten die historische Kulisse eines Wohnraums vor 1945 detailgetreu nach. Die Mitwirkenden haben den Film der Kunst zuliebe gedreht und ihn selbst erdacht, organisiert und produziert.
Der Film überrascht durch seine Interpretation, parallel zur Stringenz der Verwendung des Originaltextes von Wolfgang Borcherts "Die Küchenuhr". Zusätzlich könnte der Film das Interesse von Schülern an komplizierter Schullektüre neu zu wecken und damit den Deutschunterricht lebendig zu machen.
Das Projekt versteht sich auch als Möglichkeit und Anregung trockene Autoren spielerisch zu vermitteln - und mit Hilfe des Mediums Film deutsche Literatur und Zeitgeschichte neu zu verstehen.